Winterruhe der Jungtiere
Im ersten Jahr
halten die Tiere bei mir nur ein "Winterschläfchen" (richtig
ist eigentlich der Begriff "Winterstarre" oder Hibernation) von ca.
1-2 Monaten, bevor sie ins Freiland kommen. Es gibt eine Reihe von Züchtern,
die die Tiere erfolgreich auch über 4 Monate überwintern, denn auch
in der Natur ruhen die Tiere ähnlich lang wie erwachsene Tiere.
Die 4-8 Wochen sind also als eine Art "Sicherheitswinterruhe" zu betrachten,
zumal viele Anfänger sich scheuen, die kleinen Tiere für viele Wochen
ruhen zu lassen.
In den Folgejahren sollte der Winterschlaf langsam auf 4-5 Monate ausgedehnt
werden, wobei die Jungtiere, wenn möglich im geeigneten Keller überwintert
werden sollten.
So hat man am Anfang doch eine bessere Kontrolle. Allerdings eignen sich hierfür
meist nur Keller in älteren Häusern, in modernen Häusern erreicht
man die notwendigen niedrigen Temperaturen von 4-6°C nicht.
Die regelmäßige Winterruhe bei europäischen Landschildkröten ist für eine artgerechte Haltung unverzichtbar!
Die Vorbereitung im Terrarium
Die Tiere bekommen
nichts mehr zu fressen und werden über 2 Wochen möglichst 1-2 mal
pro Woche in handwarmen Wasser gebadet, damit sie nach und nach den Darm entleeren.
Gleichzeitig wird die Beleuchtungsdauer täglich einige Minuten verkürzt,
dies gilt sowohl für wärme- als auch rein lichtspendende Lampen, wobei
die Lampen für die reine Beleuchtung eher an- und später ausgehen
sollten.
Bevor man die Tiere dann in die Überwinterungskiste einsetzt, sollte so
schonend wie möglich in Richtung der Kellertemperatur abgesenkt werden.
Allerdings liegt hier meist das erste Problem, dies in einem normalen Wohnhaus
zu realisieren, da es meist zu wenig unterschiedlich temperierte Bereiche gibt.
Nachts sollte die Temperatur unter 15°C sinken, nach der 2. Woche möglichst
unter 10°C.
Die Tiere werden bei richtiger Behandlung langsam träge und verkriechen
sich mehr und wollen auch nicht mehr fressen.
In der 3. Woche sollte die Wärmebeleuchtung ganz abgeschaltet sein. Die
Tiere sollten nun kaum noch aus ihren Verstecken hervorkommen und man kann sie
etwa am Ende der 3. Woche in die Überwinterungskiste setzen.
Wer sich diesen Aufwand ersparen will, kann die Tiere, beheiztes Gewächshaus/Frühbeet
vorausgesetzt, auch bis zu den ersten Nachtfrösten draußen lassen.
Dort bereiten sich die Tiere allein vor und man kann sie dann direkt in die
Überwinterung überführen.
Die Überwinterungsbox
Für
die Überwinterung im Haus sind Holz- oder Kunststoffkisten geeignet. Dabei
sollte man nicht zu viele Tiere in eine Kiste setzen, damit evtl. unruhige Tiere
die anderen nicht stören. Auch sollten die Tiere ein wenig Bewegungsfreiheit
haben, da viele Schildkröten gerade in der Anfangszeit der Winterruhe erst
noch die richtige Position finden müssen.
In nagergefährdeten Kellerräumen muß die Kiste beißdicht
sein und mit stabilem feinmaschigen Draht oben abgedeckt werden.
Die Befüllung
Die Überwinterungskiste
sollte zuunterst eine Schicht Blähton/Seramis enthalten, um die Feuchtigkeit
konstanter zu halten. Diese Schicht wird anschließend befeuchtet. Darauf
wird eine Schicht feuchte (nicht nasse!) Gartenerde oder Rindenhumus geschichtet
und leicht festgeklopft, diese sollte die Höhe des größten Tieres
haben. Auf diese Schicht kommt nun eine Schicht lockeres Laub, am besten geeignet
ist hier Buchenlaub,
da es nur langsam zerfällt und keine für die Schildkröten bedenklichen
Stoffe enthält. Natürlich sollten Sie das Laub nicht an der Straße
sammeln! Eichen- und auch Walnußlaub zerfallen zwar langsam, enthalten
aber Gerbsäure und sind daher nicht geeignet.
Alternativ kann man auch nur in feuchtem, schon leicht zersetztem Laub überwintern,
hier muß aber öfter nachgefeuchtet werden.
Torf und Spaghum halte ich für ungeeignet, da beides beim Trockenwerden
sehr schnell staubt und unnötig die Atemorgane belastet.
Der richtige Platz
Der Überwinterungsort
sollte neben den oben genannten Temperaturen noch andere Kriterien erfüllen:
Natürlich muß der Platz frostsicher sein und nagersicher. Außerdem
sollte es ein ruhiger und dunkler Ort sein, an dem nicht ständig hin und
her gelaufen wird.
Sollte kein kühler Keller zur Verfügung stehen, so gibt es auch die
Möglichkeit in Garagen, Gartenhäusern, z.T. auch auf gut isolierten
Dachböden zu überwintern, wenn sie nur die oben genannten Kriterien
erfüllen.
Überwinterung im Kühlschrank
In den letzten
Jahren sind immer mehr Halter dazu übergegangen, die Tiere im Kühlschrank
zu überwintern. Auch bei mir hat sich die Methode u.a. für Jungtiere
bewährt, allerdings gibt es Einiges zu beachten:
Die Tiere sollten möglichst in einem eigens dafür vorgesehenen Kühlschrank
überwintern und nicht etwas im Gemüsefach des Lebensmittelkühlschranks.
In normalen Kühlschränken gibt es eine Kälteschichtung von unten
nach oben, das heißt, die niedrigsten Temperaturen werden unten gemessen,
die höchsten oben. Man muß also im Vorfeld die Temperaturen an den
verschiedenen Stellen genau messen.
Daher sind reine Getränkekühlgeräte, die mit einem internen Lüfter
ausgestattet sind, besser geeignet, allerdings auch nicht ganz preiswert.
Gerade bei älteren Kühlschränken ist
eine Absicherung mittels Frostwächter sinnvoll, falls der Kühlschrankthermostat
ausfällt.
Wichtig ist auch ein regelmäßiges Besprühen des Überwinterungssubstrates,
da dieses im Kühlschrank schneller austrocknet.
Kontrolle
Am Anfang der Winteruhe
sollte man sowohl in Kellerräumen als auch im Kühlschrank täglich
überprüfen, ob die Temperaturen den gewünschten Werten entsprechen.
Bei richtiger Temperatur und ordnungsgemäßer Winterruhevorbereitung
sollten gesunde Tiere spätestens nach einigen Tagen zur Ruhe gekommen sein.
Tiere, die auch noch nach 1 Woche unruhig in der Kiste scharren, muß man
sicherheitshalber wecken, denn sie könnten krank sein.
Später sollte
wöchentlich die Temperatur und die Feuchtigkeit überprüft werden,
evtl. muß mit der Sprühflasche das Substrat nachgefeuchtet werden.
Bei einer Kühlschranküberwinterung ist wöchentlich die Tür
einige Minuten zu öffnen, um für einen Luftaustausch zu sorgen.
Eine Gewichtskontrolle kann 1x monatlich durchgeführt werden, bei vorschriftsmäßiger
Überwinterung nehmen die Tiere aber kaum ab.
Es ist ein Irrtum, daß sich Schildkröten in der Winterruhe ihren
"Speck" runterhungern.
Die Winterruhe von Schildkröten unterscheidet sich von den biologischen
Vorgängen einiger Säuger während des Winterschlafes (Bär
oder Igel) völlig!
Sollten die Tiere dennoch deutlich an Gewicht verlieren, so ist entweder die
Überwinterungstemperatur zu hoch oder das Substrat nicht feucht genug.
Aufwecken
Das "Aufwecken"
der Tiere kann schneller vonstatten gehen. Nach der gewünschten Überwinterungsdauer
werden die Tiere zunächst aus dem Kühlschrank genommen oder in einen
etwas wärmeren Raum bei 10-15°C überführt. Nach spätestens
2 Tagen werden die Tiere unruhig und krabbeln aus dem Laub. An den folgenden
2 Tagen stellt man die Kiste ohen Beleuchtung bei Raumtemperatur auf und kann
anschließend die Tiere handwarm baden und mit steigender Beleuchtungsdauer
ins Terrarium überführen.
Nach 1-5 Tagen fressen die Tiere meist wieder, wichtig ist stets Trinkwasser
bereitzustellen.
Große Tiere, die eine längere Winterruhe halten, können auch
direkt nach draußen ins beheizte
Frühbeet überführt werden und dort "natürlich"
aufwachen.